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Begegnungen in Ghana

Vom 14.03.2024

Im Februar machte sich eine Gruppe von acht Personen, darunter drei Vorstandsmitglieder, auf den Weg, um die Partnerprojekte in Ghana zu besuchen.
Nach einer langen Besuchspause wegen der Corona-Pandemie war die Freude entsprechend groß, alle Freunde und vor allem die Kinder wiederzusehen.
Gerade bei den Kindern des Anidaso-Hauses lassen sich die Veränderungen und Entwicklungen der vergangenen Jahre am deutlichsten feststellen.
Einige der Kinder haben das Haus inzwischen verlassen. Sie besuchen weiterführende Schulen außerhalb von Accra und kommen nur in den Ferien nach Hause, andere warten auf einen Ausbildungs- oder Studienplatz und einige neue Kinder sind hinzugekommen.

Das Vorstandsteam führte zahlreiche Gespräche mit dem Ehepaar Cudjoe, um die Arbeit zu reflektieren und um Ideen oder auch Sorgen auszutauschen. Zur Unterstützung des Ehepaares als auch der Volontäre ist nun die Einstellung einer Erzieherin vorgesehen.
Ein Rundgang durchs Haus machte noch einmal deutlich, dass sämtliche Materialien in der feuchten und salzhaltigen Meeresluft sehr leiden und schnell verschleißen. Somit fanden Überlegungen statt, wie man all diesen Problemen begegnen kann und welche Reparaturen am notwendigsten sind.
Aber auch die Beschäftigung mit den Kindern kam nicht zu kurz. Neben Malen, Basteln, Spielen und Singen gaben die Kinder Einblick in ihre täglichen Aufgaben und zeigten uns vor allem das Zubereiten unterschiedlichster Nahrungsmittel. Hierbei ist viel körperlicher Einsatz, Kraft und Ausdauer gefragt. Unsere Versuche, schwungvoll in den großen Töpfen zu rühren, wurden mit viel Gelächter quittiert.

Begeistert war die Gruppe von der Feier der sonntäglichen Gottesdienste, in denen die Freude am Glauben spürbar ist und Ausdruck in fröhlichem Gesang und Tanz findet.

Eine besondere Verbundenheit besteht noch immer zum Besitzer des Hauses, in dem vor Jahren das erste Kinderheim seinen Anfang nahm. In seinem Haus sind alle, die mit dem Anidaso-Haus verbunden sind, gern gesehene Gäste. Schnell fanden sich auch ehemalige Nachbarn ein und die Freude über das Wiedersehen war sehr groß.
Im dortigen Slumgebiet besuchten wir eine junge Frau, der durch Anidaso Ghana e. V. eine Ausbildung zur Friseurin ermöglicht wurde und die jetzt ihren eigenen winzigen Friseur-Salon eröffnet hat. Es ist schön zu erleben, dass junge Menschen ihren Weg gefunden und sich eine eigene Existenz aufgebaut haben. Sämtliche Nachbarn und Nachbarskinder strömten zusammen, um den Besuch zu sehen und es war ein intensives und fröhliches Miteinander.

Ein Höhepunkt der Reise war sicherlich die Wiedereröffnung des Prinel Medical Centers von Dr. Prince.
Nach dem Erhalt eines gebrauchten Röntgengeräts aus Deutschland war die Erweiterung der kleinen Klinik nötig geworden. Der bisher notdürftig überdachte Innenhof des Gebäudes wurde nun mit in das Gebäude integriert und alles hat eine stabile Decke erhalten. Ein ausgedienter Container wurde vor das Haus gesetzt und umfasst ein winziges Labor sowie ein Wartezimmer. Der Entbindungs- und OP-Bereich wurde umgestaltet und die Klinik erfüllt jetzt einen gewissen Standard.
Die Wiedereröffnung wurde in einer bewegenden Feierstunde begangen, an der viele Gäste teilnahmen. Verschiedene Festredner gratulierten Dr. Prince zu diesem Lebenswerk und eine kleine Andacht rundete die Feier ab. Auch Musik und Tanz sowie ghanaisches Essen trugen zu einer sehr gelungenen Veranstaltung bei.
Als Einweihungsgeschenk wurde Dr. Prince vom Vorstandsteam ein neues mobiles Ultraschallgerät überreicht, durch das die zukünftigen diagnostischen Möglichkeiten noch einmal mehr verbessert werden.
Das zum größten Teil von verschiedenen Rotary-Clubs finanzierte Krankenwagenprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg hat sich inzwischen gut etabliert und die Ambulanzen werden häufig angefragt.
Herr Prof. Dr. Brunn von der Universität Würzburg war ebenfalls zu Gast und wird dieses Projekt weiterhin begleiten.

In der zweiten Woche konnte die Reisegruppe noch vier Tage Pfarrer Martin Muosayir im Norden Ghanas besuchen.
Neben seinem Dienst als Gemeindepfarrer der Gemeinde St. Theresa in Damongo arbeitet er auch noch als Generalvikar der Diözese Damongo.
In interessanten Gesprächen hat er über seine oft schwierige Arbeit berichtet, denn die Lebensumstände und klimatischen Bedingungen im Norden des Landes sind weitaus schwieriger als in der Nähe der Hauptstadt. Davon zeugten Besuche in manchen Einrichtungen der Gemeinde. Besonders der Besuch des Krankenhauses hinterließ einen nachhaltigen Eindruck und stimmte die Reisegruppe sehr nachdenklich.
Mit minimalsten Hilfsmitteln wird hier versucht, den Patienten eine medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Medikamente stehen nur in sehr geringem Umfang zur Verfügung und in mancher Abteilung konnte man ahnen, dass die Patienten hier großes Leid ertragen müssen.
Bei den Gesprächen, auch mit dem Bischof der Diözese, wurde deutlich, dass die Gemeinde in naher Zukunft einen Kindergarten benötigt. Zurzeit werden dafür Räume in einer Schule genutzt, die aber ab Sommer für die Schüler zur Verfügung stehen müssen.
Ein Besuch dieser Schule überzeugte die Reisegruppe, dass hier finanzielle Unterstützung gefragt ist. Es gibt weder Wasser noch Strom und die Räume für die Kindergartenkinder sind für die Anzahl an Kindern viel zu klein. Hier steht der Vorstand mit einem Kooperationspartner in Kontakt, der möglicherweise einen nicht unerheblichen Teil der notwendigen Finanzierung übernimmt.

Abgerundet wurde der Aufenthalt im Norden durch den Besuch der ältesten Moschee Ghanas in Larabanga sowie des nahe gelegenen Mole-Nationalparks. Ein Ranger begleitete uns teilweise zu Fuß durch das Gelände, so dass wir Elefanten sehr nahe kommen konnten, die einen tiefen Eindruck bei uns hinterließen. Wir erlebten ihr fröhliches Bad in einem See, ihr Suhlen im Schlamm, den Umgang der Mütter mit ihren Kälbern, aber auch ihre gewaltige Kraft beim Zerkleinern von Bäumen. Am Ufer der Seen verharrten Krokodile bewegungslos im seichten Wasser, Geier flogen umher, Wasserböcke und Antilopen weideten im Steppengras und Affen rasten übers Gelände, verfolgt von Warzenschweinen.

Auch ein Treffen mit Comfort war möglich. Sie hat in diesem Jahr ihr Studium der Soziologie und Philosophie an der Universität Accra beendet und verrichtet nun ihren National Service bei der National Commission for Civic Education in Accra. Diese Kommission ist für die staatsbürgerliche Bildung der Ghanaer zuständig.
Comfort strebt nun eine Aufgabe als Sozialarbeiterin an oder den Masterstudiengang.
Sie ist außerordentlich dankbar für alle Spenden aus Deutschland, die ihr den bisherigen Weg ermöglicht haben.

Neben den vielen offiziellen Terminen gab es aber auch Zeit, Land und Leute kennenzulernen. Auf dem Weg zu einem unserer Mädchen, das seit diesem Jahr eine Schule außerhalb von Accra besucht und somit dort im Internat lebt, hatten wir die Möglichkeit, eine Werkstatt zu besuchen, die aus Altglas wunderschönen Perlenschmuck herstellt. Außerdem konnten wir einem Sargbauer über die Schultern schauen, denn das Aussehen der Särge in Ghana hat immer etwas mit dem Leben der Verstorbenen zu tun und so entstehen sehr individuelle Särge.

Die bunten, schillernden, übervollen Märkte, auf denen man vom Maggi-Brühwürfel über Obst, Gemüse, Gewürze, Fleisch und Fisch bis hin zu Seife, Kleidung, Stoffen oder Einrichtungsgegenständen alles für den täglichen Bedarf findet, lassen einen eintauchen in eine andere Welt.
Diese Märkte sind sehr geschäftig und laut. Sie bieten ein Potpourri an Gerüchen. Es ist eng und man muss aufpassen, nicht von Transportkarren angefahren zu werden.
Doch was für uns so faszinierend ist, bedeutet für die Menschen dort täglicher Kampf ums Überleben. Die Frauen sitzen sieben Tage die Woche viele Stunden in der Hitze auf dem Markt und bringen abends nur wenig Geld mit nach Hause. Der Dreck, in dem die Menschen leben müssen, ist unbeschreiblich, die Hütten sind winzig und die offenen Abwasserkanäle für unsere Nasen manchmal kaum zu ertragen.
Aber trotz allem spürt man hier auch immer wieder eine große Lebensfreude. Gute menschliche Kontakte sind überlebenswichtig. Man teilt das wenige, was man hat, Musik erklingt aus allen Ecken und es findet sich zwischendrin garantiert ein Plätzchen zum Tanzen, was allen ein Lachen aufs Gesicht zaubert.

Hinter uns liegen unvergessliche Wochen mit wunderbaren Begegnungen, konstruktiven Gesprächen, besonderen Erlebnissen und vielen schönen Erfahrungen, für die wir sehr dankbar sind.

© 2024 Anidaso Ghana e.V.